Mittwoch, 23. Juli 2014

Spritzmittel sind Biozide und vergiften auch den Menschen

Die unsichtbare Gefahr - Biozide, Pestizide, Pflanzenschutzmittel

Das ist nun wirklich eine Gemeinheit. Die schönsten Unkräuter und essbaren Wildpflanze wachsen an Bahndämmen, im Wingert oder zwischen Obstbäumen. Gemeinheit nicht nur, weil dies meist Privatbesitz ist, oder das Betreten von Bahndämmen viel zu gefährlich ist - nein, vor allem wegen der vielen Spritzmittel, die in einem leider überwiegend nicht biologisch bewirtschafteten Kulturland wie Deutschland, zu Unmengen ausgebracht werden. Pflanzenschutzmittel nennen es die Landwirte, streng genommen sind es aber Biozide - also gegen irgendeine Form von Leben gerichtete Gifte. Um den Verbraucher aber ein wenig die Augen zu wischen, wird hier wieder ein riesiges Durcheinander um die Begrifflichkeiten gestiftet.
Denn Du bist, was du isst. Nach dem Tod dürften wir nur als Sondermüll entsorgt werden,
bei der Menge an Pestiziden, die wir mit unserm täglichen Brot aufnehmen.

Biozide, Pestizide, Pflanzenschutzmittel - letztendlich ist das alles Gift

Als Biozide werden nämlich die Gifte im Agrar-Bereich nicht bezeichnet! Statt dessen bekommen solche Gifte die schön formulierte Bezeichnung "Pflanzenschutzmittel". Es bleiben aber GIFTE, die sich gegen das Leben richten und das heißt übersetzt Bio-zid von Leben (=griech. Bios) und töten (= lat. caedere)
Alle verwendeten Gifte aufzuzählen, würde doch ein wenig weit führen, deswegen: Wen es interessiert, einfach mal googeln.
Die Pflanzenschutzmittel können je nach Wirkspektrum unterteilt werden: Da gibt es die Insektizide (Mittel die gegen Insekten wirken), Herbizide (also das Überhandnehmen von sogenannten Unkräuter...da blutet mein Herz) und Fungizide (Mittel gegen Pilzbefall wie z.B. Mehltau), Akarizide (gegen Milben und Zecken), Algizide (gegen Algen), Bakterizide (gegen Bakterien), Molluskizide (gegen Schnecken), Nematizide (gegen Würmer), Virizide (gegen Viren) und noch weitere wie die Mikrozide (gegen Mikroorganismen), Avidizide (gegen Vögel)  und sogar spezielle Rhodentizide (gegen Nagetiere). Letztere kennen wahrscheinlich die meisten in Form von Rattengift. Hier stellt sich nun die Frage: Ist Rattengift ein Pflanzenschutzmittel oder ein Biozid? Man sieht dann recht schnell, dass der Diskussion um die Begrifflichkeiten hier vom eigentlichen Thema ablenkt, denn solche Gifte gelangen nach wie vor in unsere Nahrungskette, während sich die Herren in Brüssel darüber medienwirksam unterhalten in welche Kategorie sie nun dieses oder jenes Gift stecken sollen.
Aber: Es mache keinen Unterschied, ob es sich nun um ein Biozid oder Pflanzenschutzmittel handelt. Der Begriff Pflanzenschutzmittel ist an sich schon Hohn.  Allein wenn man sich vorstellt, dass an Mitteln, welche Pflanzen schützen, nach WHO-Angaben jedes Jahr 3 Millionen Menschen (!) sterben! Pflanzenschutzmittel sind definitiv BIOZIDE. Sie mögen diese eine Pflanzengattung schützen, aber sie töten - auch Menschen.

*Ironie on* In der EU-Normen fallen unter Produktart 23 "Produkte gegen sonstige Wirbeltiere". Da finden sich dann sicher auch die "Humanizide" (gegen Menschen). *Ironie off*
Entschuldigt, aber wenn man sich länger mit dem Thema auseinander setzt, dann kann man irgendwann nicht mehr umhin ironisch zu werden.


Kindern ekeln sich vor einem Stückchen Natur

Keines dieser Gifte ist eigentlich notwendig. Die Natur hat in Jahrmillionen Jahren der Evolution ihre eigenen Regelmechanismen entwickelt, nur der Mensch ist ungeduldig. Gibt es ein Jahr mit zu vielen Schnecken, werden im nächsten vermehrt Enten schlüpfen, nehmen die Käfer überhand, freuen sich die Spatzen usw. Nimmt in einem Jahr der Apfelwickler besitzt von einem Baum,  bedeutet das zwar erst einmal eine geringere Ernte, weil der Apfel sich unter unseren kultivierten Bedingungen nicht wurmstichig verkaufen lässt, aber theoretisch ist der Apfel noch immer essbar! Vielleicht nicht im Ganzen, aber doch teilweise. Ich muss manchmal drüber schmunzeln, wenn ich mit Kindern unterwegs bin, einen wurmstichigen Apfel öffne und erst einmal ein "Igitt" aus den Kindern herausschlüpft. Dann entferne ich den wurmstichigen Teil und biete den guten Teil zum Essen an. Kaum ein Kind greift zu. Es gestaltet sich als wahre Mutprobe einen Apfel zu essen, in dem ein Wurm gelebt hat, der zum einen nach Apfel schmeckt (wonach auch sonst) und zum anderen deutlich keiner ist, als die Kinder. Esse ich den Apfel dann selbst, dann schauen mich große Kinderaugen an, als hätte ich gerade einen Riesen bezwungen. Unsere Kinder sind das Leben mit der Natur gar nicht mehr gewöhnt. Ihnen wir die perfekte Welt in der Werbung und dem Supermarkt vorgegaukelt - die geschaffen wurde von Bioziden, die sich letztendlich gegen sie selbst richtet. Dabei gehört ein wenig Leben im Essen seid Anbeginn der Menschheit zum Alltag - was nicht zwangsläufig bedeutet, dass man jeden Apfelwickler mitessen soll. Aber man kann als Eltern doch auch mit solchen Dingen ganz natürlich umgehen und den Kindern beibringen, dass so ein kleiner Wurm nicht das größte Ekelerlebnis auf dieser Welt ist.

Von Grenzwerten und Giftspeichern

Also spritzt man lieber Biozide und versperrt sich die Vielfalt auf dem Teller, indem man das Grünzeug unter dem Apfelbaum ebenso vergiftet. Mich wundert es sehr, dass die Mehrheit der Deutschen dennoch lieber einen mit Bioziden kontaminierten Apfel isst, mit dem Gedanken, er sei doch so gesund  und verdrängt das Thema Spritzmittel, als würde der konventionell angebaute Apfel davon ein biologischer werden. Der Apfelbaum der jahrelang gespritzt wurde, akkumuliert die Gifte genauso in sich, wie ein Mensch sie im Fettgewebe speichert. Der Apfelbaum ist ein Giftspeicher. Der Mensch ist ein Sammler - er sammelt auch Giftstoffe. Das macht sich bei uns dann bemerkbar im Alter ab 40 oder 50 Jahren, wenn das Maß voll ist. Der Apfelbaum wird meist schon vorher gefällt, weil er nach ab einem gewissen Alter einfach nicht mehr wirtschaftlich rentabel ist. Wirtschaftlich rentabel? Ja, denn die EU "harmonisiert" die Pestizid-Grenzwerte immer mal wieder - mache werden erhöht, manche gesenkt. Sie spielt dabei mit unserem Leben unter der Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, der Wirtschaftlichkeit unseres Lebens, denn sehr pragmatisch betrachtet ist ein Grenzwert der wirtschaftlich vertretbare Verlust an Lebenszeit. Noch ein Apfel gefällig?
Jeder Grenzwert ist zu hoch, denn letztendlich dürfte gerade im Bereich der Nahrungsmittelproduktion  keinerlei Gift verwendet werden.

Tausche Schnewittchen-Apfel gegen Vielfalt auf dem Teller


Dann hört und liest man immer wieder: Aber was ist mit Ernteausfälle durch Apfelwickler? Betrachtet das doch mal anders: Verkaufen sich nur 3/4 des Apfels  und 1/4 geht an den Wurm, dann gewinnt der Mensch aber jede Menge Land und Essen dazu, wenn unter dem Apfelbäumen Brennnesseln und Co. wachsen dürfen  und geerntet werden können - nahezu ganzjährig. Wenn wir wieder lernen die Natur in ihrer Ganzheit zu nutzen, dann haben wir viel mehr (Nährstoffe, Vielfalt, Nahrung - in Form von Brennnesselfrikadellen, Gierschpesto und Labkrautgeele) auf dem Teller, als nur einen vergifteten, aber ästhetisch perfekten Schneewittchen-Apfel.

Vergiftungssymptome durch Spritzmittel

Wie gesagt: Einfach mal "Hauptwirkstoffe in Pestiziden" googeln oder beim BUND, dem NABU oder Greenpeace und ÖkoTest mehr zum Thema nachlesen, allein dann werdet Ihr sehen, wo das Problem liegt, denn neben den Hauptwirkstoffen, die z.T. an sich schon stark krebsauslösend sind, wie Hormone wirken oder sich in die Entwicklung und Vernetzung des Gehirns auswirken, existieren noch eine ganze Reihe von Zusatzstoffen, die ebenfalls eine erheblich biozide Wirkung auf den Menschen haben. Insgesamt wirken viele Pestizide wie Nervengifte. Wer viel gespritztes Obst und Gemüse isst, unter Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Sehstörungen oder gar Atemlähmung leidet, der sollte sich einmal fragen, ob dies nicht von den Spritzmitteln kommen könnte und sich hier schon Vergiftungserscheinungen bemerkbar machen. Außerdem gibt es viele Hinweise darauf, dass Pestizide das Erbgut schädigen und auch die Entwicklung des Embryos im Mutterleib stören. Sicher, Biozide vergiften uns meist nicht sofort mit einer letalen Dosis, so wie sie es bei Apfelwicklern oder in den Entwicklungsländern mit den Bauern tun, aber sie vergiften uns in Deutschland schleichend und nachhaltig. Und der Grenzwert wird immer weiter von der EU nach oben "harmonisiert". Dabei ist den meisten Menschen gar nicht klar, wie sich ein Grenzwert überhaupt definiert: Nämlich als wirtschaftlich vertretbare Verlust an Lebenszeit. Noch ein Apfel gefällig?

Vom Winde verweht - Spritzmittel im Umfeld

Leider haften nun solche Biozide auch an den Unkräutern zwischen Wingerten und Obstplantagen und im Umfeld derselben, da sie mit dem Wind über viele Kilometer auch in die Natur geblasen werden. Auf Feldern in denen Herbizide - also Unkrautvernichtungsmittel gespritzt werden, ist für den Unkrautgourmet ohnehin nichts zu holen. Um Felder die mit anderen Bioziden behandelt werden, sollte mal seiner Gesundheit zuliebe dann doch einen größeren Bogen machen.

Abwaschen ist schon mal gut, hilft aber nicht wirklich gegen Biozide

Es kommt immer wieder die Frage auf: Und wenn ich die Kräuter abwasche? Abwaschen solltet Ihr ohnehin alles vor dem Essen, egal wo Ihr es sammelt. Viele Gifte sind Kontakt-Biozide, haften also auf deren Oberflächen und wirken bei Kontakt. Abwaschen ist also immer eine gute Idee - dabei ist lauwarmes Wasser wirksamer als kaltes. Leider verhält es sich so, dass viele essbaren Unkräuter eine behaarte Oberfläche haben und dort die Pflanzenschutzmittel nicht wirklich restlos abzuwaschen sind. Dazu kommt: Der Landwirt spritzt da nicht erst seit gestern, sondern der Boden hat schon zahllose Spritzmittel aufgesogen und das nehmen auch die Pflanzen wieder auf. Keine gute Grundlage für eine gesunde, mit Wildkräutern bereicherte Nahrung. Da esse ich lieber einen gesunden, biologisch einwandfreien Apfel (z.B. von Dirks Biokiste) und riskiere auch mal den Blick auf einen Wurm, als einen Apfel mit krebserregenden Stoffen zu essen. Außerdem: Dort wo gespritzt wird, wird meist auch übermäßig gedüngt. Der Nitratgehalt mancher Unkräuter ist also dementsprechend hoch.
Deshalb würde ich nur dort Wildkräuter sammeln, wo entweder biologisch gewirtschaftet wird, oder gar nicht.
Gegen den Apfelwickler hilft im Übrigen Wermut-Jauche - womit wir wieder bei den (un)geliebten Unkräutern sind, die man ja mit Herbiziden so schön vernichtet...

Mehr zum Thema unter:
http://www.bund.net/themen_und_projekte/chemie/pestizide/gesundheitsgefahren/krank_durch_pestizide/
http://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/pestizide




2 Kommentare:

  1. Hmm. Wo kann ich den dann gefahrlos noch sammeln. Früher war ich auf Friedhöfen unterwegs, wie denkt ihr darüber? In der Stadt gibt es leider auch neben den Autos viel zu viele Hunde, die jedes bißchen Grün begießen möchten. Also wirklich keine leichte Aufgabe für einen Städter wie mich. Grüße

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  2. Also Lösung für Dich: Grab im Park oder an einer Band irgendwo ein paar Brennnesseln und Co aus. Pflanze die auf den Balkon im Topf und wenn sie angewachsen sind, schneide sie zurück. Ab dann kannst Du Wildkräuter essen, die keine Hundekotreste (oder Bandwurmeier von Hunden!) haben und die frei von Spritzmitteln sind. Der Vorteil an Unkraut: Das wächst relativ rasch an und schnell nach. Malven, Gundermann, Löwenzahn und ein in Blüte gegangener Giersch freut übrigens auch Stadtbienen :).
    Das Fass mit den Hundebesitzern mache ich nun nicht auf. Das führt in 99% immer zu Ärger. Schade. Wenn jeder auf jeden achten würde, dann würden die Leute auch an die denken "die was vom Boden essen"...
    Liebe Grüße
    Sindy

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