Mittwoch, 14. Dezember 2016

Die Apfellocken, die Schreibpause und jede Menge Reflexion

Ein herzliches Dankeschön an alle treuen Blogleser! Einige von Euch haben mir geschrieben und mich gefragt, was ich denn mache, wo doch hier so lange kein neues Rezept erschienen ist.
Apfelringe aus dem Ofen sind nicht nur langweilig und unökologisch. Mach doch lieber Apfellocken.
Das erzähle ich euch gerne, doch vorher lade ich euch zu einem auf  neudeutsch titulierten "Live-Hack" ein: Wie trocknet man Apfelringe ohne Sonne wenigstens einigermaßen effizient im Ofen. Das wichtigste ist: Ihr nutzt Ökostrom. Das zweite: Ihr nutze den Platz im Ofen! Das dritte: Ihr nutzt den Ofen zuvor für anderes und dörrt nur in der Restwärme.Ja, das ist nicht neu....außer das mit dem Platz vielleicht. Und da kommen die wundersamen Apfellocken ins Spiel. Apfelringe sind doch langweilig oder?
Besser als Chips und origineller als langweilige Apfelringe: Die Apfelspiralen.
Mir sträuben sich die Nackenhaare, wenn ich in Artikeln Bilder oder youtube-Videos  zu "Dörren von Apfelringen" sehen, wo sagenhafte 10 oder 20 Apfelringe auf einen Blech nebeneinander zum Trocknen im Ofen liegen. Schluss damit. Wenn schon im Ofen, dann richtig. Dazu braucht ihr kein Blech, sondern das Ofenrost, wenn möglich sogar zwei oder drei davon.

Keine 5 Minuten und 50 Äpfel waren fertig zum Dörren.
Happy-Food: Apfelspiralen nach dem Dörren im Ofen.
Ordendlich geschrumpft: Die Apfellocken
Viele Streuobst-Apfelsorten behalten beim Trocken ihre
schönen Farben, ganz ohne Zitronensäure.
Als sehr praktisch hat sich hier ein  Apfelspiralschneider* entpuppt,  ein wirklich tolles Gerät: die Kinder essen doppelt so viele Äpfel in der Hälfte der Zeit. Der entkernt euch den Apfel und schneidet ihn in einheitlich dicke, gut zu trocknende Spiralen, die man mit einen Schnitt in Ringe aufteilen kann, wenn man das möchte. Wer das Gesündeste, die Schale, auch noch entfernt haben möchte, für den erledigt das der Apfelspiralschneider gleich mit.
Jetzt geht´rund: Kurbelt. Dann nehmt ihr das Gitter in eurem Ofen, "bockt" es mit vier Tassen auf dem Tisch und hängt die Äpfel ins Gitter. Immer zwei Apfel-Spiralwindungen zwischen zwei Gitterstäbe (wie im Titelbild des Beitrags). Weiter auseinander wäre Platzverschwendung, dichter geht auch nicht, da die Äpfel sonst schlecht trocknen. Schön Apfel an Apfel setzten, das ganze Gitter voll. Wenn ihr einen Nachbarn habt, der zufällig ein zweites passendes Gitter besitzt, und vielleicht noch einen dritten Nachbarn mit noch einem passenden Ofenrost für euren Herd, dann bekommt ihr mit einer Ofenladung 40-60 Äpfel je nach Größe zeitgleich getrocknet! Dann lohnen sich die 50-60 Grad über mehrerer Stunden im Ofen ...eigentlich auch unnötig. Backt Plätzchen! Dann nutzt zum Dörren die Nachwärme des Ofens. Nach drei Plätzchenladungen an drei hintereinanderfolgenden Tagen sind auch die Apfelringe fertig -  zusammen mit sämtlichen Plätzchen für die Adventszeit. Weihnachten kann kommen. Sehr entspannt. Sehr ökologisch. Sehr nachhaltig. Mich mach das glücklich.

Als Tipp: Man muss etwas vorsichtig sein, wenn man die getrockneten Apfelspiralen vom Gitter löst. Sie zerbrechen schnell, wenn sie knochentrocken geworden sind. Am Besten die Äpfel während des Dörrens immer mal wieder am Gitter etwas bewegt, damit sie nicht festbacken.

Die Apfelspiralen am Stück sehen übrigens wirklich chic aus und sind ein super schönes selbstgemachtes Weihnachtsgeschenk - natürlich in einer schönen, jahrelang wiederverwertbaren Keksdose. Klar solltet ihr dafür dörrtaugliche Apfelsorten verwenden, viele der alten Sorten sind anno dazumal eigens zum Dörren gezüchtet worden (Orleonsrenette, Hauxapfel oder Glockenapfel, um nur drei von 2000 zu nennen) und behalten, wie man auf den Fotos sehen kann, ihre Farbe.  Zur Not eigenen sich auch  regional angebaute, dieses Jahr geerntete Boskop-Äpfel.

Zabergäurenette, Winterprinz und Co. Die alten Apfelsorten haben nicht nur tolle Namen,
sondern auch tolle Eigenschaften.

Dörrautomat ja oder nein?

Brauch man einen Dörrautomat? Nö. Euch den Apfelschneider zu empfehlen ist mir eigentlich schon 100 % Konsum zu viel, denn es tut auch ein Messer. Aber ich habe das Ding mal geschenkt bekommen und  habe mich diesen Herbst damit bestimmt schon zweimal um die Welt gekurbelt. Ich nutze es wirklich fast jeden Tag. Ein guter Vorsatz fürs nächste Jahr: WENIGER konsumieren! Im Zweifelsfall also nicht kaufen. Weder Spiralschneider, noch Dörrautomat. Die Äpfel schmecken saftig ohnehin am besten und sind auch viel gesünder so. Ich braucht aber eine Alternative für die "Karoffel-Chips-o-Manie" meiner Jungs. Apfelringe sind eine wirklich gute Alternative.

Dem digitalen Overflow entgegnen

So, nachdem wir nun Apfelchips zum Knuspern haben, kommt nun auch die Antwort auf die Frage: Was tue ich? Ich lebe - und ich tue es wirklich, nicht am Bildschirm, sondern bewusst, präsent, relativ frei von PC, Handys und technischem und digitalen Overflow. Mal wieder 100% mit Kopf, Körper und Seele bei einer Sache sein. Etwas, dass sich in unserer Gesellschaft als echte Herausforderung entpuppt. Mein täglicher Spießroutenlauf.

Wirklich Entschleunigung

Es tut gut sich den Luxus zu erlauben gewissermaßen technisch aus dem Mainstream auszusteigen, wieder den Menschen direkt in die Augen zu schauen und nicht mit dem Kopf in der Hosentasche zu stecken und sich zu fragen, ob der Vibrationsalarm nun wirklich das Wort "Alarm" verdient hat. Entschleunigung. Doch, doch, ich schreibe nach wie vor E-Mail und nutze das Internet. Aber in Maßen. Eine Stunde am Tag - Maximum. Am Wochende versuche ich es ganz zu vermeiden. Wieder mehr Bewusstsein für den Tag, mit Herz und Geist bei der Familie. Machst du eine Tür zu, öffnen sich drei neue.

Zeit der Reflexion

Es ist viel passiert, das mir zu denken gab, privat ebenso, wie weltpolitisch. Und ich nahm mir etwas heraus, das heute nicht mehr selbstverständlich ist: Ich nahm mir die Zeit, das alles zu reflektieren, daraus für mich persönliche, konkrete Schlüsse zu ziehen, zu hinterfragen und zu überlegen, wie diese Erkenntnisse wirklich in meinem Alltag zum Tragen kommen und nicht einfach als Gedankenfetzen verhallen. Das Fazit: Entschleunigung. Wirkliche Entschleunigung. Nicht dieser "Work-Life-Balance"-Hype. Nicht das  X-Angebote von Dienstleister Y, der mir "werde-zum-Guru-trotz-einer-88h- Arbeitswoche-und-das-in-13,5min-für-nur-340,98 Euro-und-wenn-du-dich-die-nächsten-24h-entscheidest-zahlst-du-10%-weniger-und-wirst-die-nächsten-180Wochen-täglich-dreimal-gratis-mit-unserem Newsletter-erschlagen-der-dir-zeigt-wie-du-mehr-Zeit-im-Alltag-für-dich-findest". Stopp!

Schalt ab!

Echte Entschleunigung. Das bedeutet mehr Menschlichkeit, mehr Zeit, mehr Wärme, mehr achtsamer Umgang - viel mehr. Sehr viel mehr! Mit allem, vor allem mit der eigenen Familie, mit Kindern, Freunden, Mitmenschen und mit sich selbst. Mit Ressourcen, der Natur, mit dem, was man ohnehin besitzt. Nichts, das man für Geld kaufen kann. Ja, so ein Pech. Ich könnte ein Seminar dazu anbieten und reich werden, aber dann wäre ich nicht besser als Dienstleister Y....paradox. Es bedeutet Sachen direkt abzuschalten, nicht erst noch 10 anderen Sachen anzufangen, die einem zeigen sollen, wie man abschaltet, nur um dann herauszufinden, dass man dem Burnout längst erlegen ist, noch bevor man bei Sache 5 angekommen ist. Im Grunde weiß man es doch.  Nur der Mut fehlt. Macht einfach - beziehungsweise macht weniger! Viel weniger. So einfach. Kostenlos.

Weniger Konsum macht glücklich

Die Frage nach dem "brauche ich das wirklich?" stellte ich mir anfangs ganz bewusst jeden Tag, genau so, wie die Frage nach dem "macht mich das wirklich langfristig glücklich?" Und man ist überrascht, wenn die Antwort so oft "nein" lautet. Es wird mit der Zeit besser. Man verinnerlicht diese Art zu denken. Man stellt fest, dass man gar nicht viel benötigt, um glücklich zu sein. Dann stellt man sich diese Fragen nicht mehr täglich, sondern wöchentlich - irgendwann monatlich. Jetzt zu Weihnachten stelle ich sie mir bewusst wieder täglich. Und die Antwort lautet weiterhin sehr oft "nein". Dann lächele ich. Ich bin glücklich. Weniger Konsum ist die Folge. Mehr Bewusstheit. Viel mehr Ruhe und Gelassenheit. Ich habe mehr gewonnen, als ich zurückgelassen habe. Und dann ist es auch nicht mehr schwer, für die Dinge, die man wirklich benötigt, wieder etwas mehr auszugeben (auch wenn man nicht viel hat), dafür aber qualitativ Hochwertiges und Nachhaltiges zu kaufen.  Erstaunlicher Weise war das Erste, das ich mir unter diesem Aspekt neu zugelegt habe, eine handgeschmiedete Sense aus Österreich. Ja, da musste ich selbst drüber schmunzeln. Aber die Sense macht mich glücklich.Verrückt.

Ein selbstgewickelter Korb voll selbst gesammelter Streuobstäpfel. Es braucht nicht viel um glücklich zu sein.

Entdigitalisiert gegen den Mainstream der Gesellschaft

Leben kann man nicht am PC und auch nicht davor, nicht am Handy, an keinem Display dieser Welt, nur im mitmenschlichem Umgang, im täglichen Tun. Klingt ein wenig nach Mutter Theresa. "Du willst die Welt retten?", stellt  neulich mal ein Freund von mir fest. Hm. Wenn man es so sieht....vielleicht. Wenn es mir gelingt...warum nicht? Mein vorrangiges Ziel ist das aber nicht. Sondern das Ziel gilt eigentlich mir und meiner Familie selbst:  Mehr im Hier und Jetzt, mehr Zeit, mehr soziale, direkte Qualität. Es ist mal wieder paradox. Gleichzeitig leben wir in einer vernetzen, schnellen, oberflächlichen Ich-Welt, englisch "I"...wo das überall drin steckt.... I-Phone, I-Pad, I-solation. Bezeichnend. Es gibt dazu ein schönes youtube-Video:  Look up von Gary Turk. Das ist das englische Original, irgendwo gibt es auch eines mit deutschem Untertitel. Fast 60 Millionen Mal wurde es angesehen. Ob 60 Millionen Menschen danach wirklich das Handy weggelegt haben? Dauerhaft? Oder ob sie wieder vom digitalen Mainstream der Gesellschaft verschluckt wurden? Fünf Minuten können dem Leben einen neuen Impuls geben, aber im Leben selbst wird sich zeigen, ob der Impuls verhallt oder zu einem wirklichen Lebenswandel führt. Ich habe es geschafft. Seit fast einem Jahr habe ich das Bloggen ruhen lassen können, hab entspannt die sinkenden Besucherzahlen beobachtet. Anfangs war ich etwas traurig, aber dann sieht man, das Klickraten eben nicht alles sind, vor allem nicht in einen Blog wie diesem, der nicht aufs Geld verdienen ausgelegt ist, eigentlich auch nichts verkaufen möchte. Die Klickrate ist dann die einzige Messlatte. Um so schwerer ist es, sich davon zu verabschieden, auch mal Dinge zu tun, ohne sich zu vergleichen. Plötzlich fühlt man sich wieder wie ein Astronaut in der Schwerelosigkeit. Alles wird viel leicher....natürlich hat man bei so viel Leichtigkeit erst mal mit der Orientierung zu kämpfen. Doch es gelingt. Wirkliche Entschleunigung bedeutet, man muss erst mal eine Tür zu machen, dann öffnen sich drei neue.

Daher ist es hier 2016 still gewesen. Ich werde auch weiter bloggen, wenn ich die Muse dazu habe. Im Moment erfordert die reale Präsenz meine ganze Aufmerksamkeit :). Aber alles hat eben seine Zeit.

Apfelbohrkern-Tee - Resteverwertung der Apfelringe

Und was machen wir zum Abschluss mit den ausgestochenen Apfelgehäusen von unseren Apfellocken? Tee aus "Apfelbohrkernen": einfach 4-5 der ausgestochenen Apfelkerngehäuse  in eine Teekanne geben, heißes Wasser drauf und 5 min ziehen lassen. Wer möchte gibt noch Honig hinzu oder einen Schuss Apfelsaft. Der Tee schmeckt auch kalt gut. Vielleicht denkt ihr bei einer Tasse ja darüber nach, was ihr in eurem Leben ändern wollt, um glücklich zu sein. Eines kann ich euch versprechen: Es wird erst mal nichts sein, was ihr kaufen könnt, sondern etwas, das ihr euch nehmen müsst und dürft: Zeit. In diesem Sinne wünsche ich Euch eine besinnliche Adventszeit.
"Apfelbohrkern-Tee" - als Resteverwertung der ausgestochenen Apfelgehäuse . Schmeckt auch kalt
und lässt sich bei Bedarf mit einen Schuss Apfelsaft süßen.