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Donnerstag, 18. September 2014

Vegane Kerzen mit Naturdochten aus Binsen

Irgendwie seltsam. Denkt einen Augenblick an Erdöl. Und? Kommt Ihr dabei in romantische Stimmung? Wenn nicht, versucht Euch vorzustellen wie ein Insekt schwitzt, das Zeug an den Beinen eintrocknet, wie sich das Insekt abmüht, die schmierigen Ablagerungen von den Beinen zu schaben. Jetzt in romantischer Stimmung? Lustig, oder? Beides sind Stoffe, aus denen verträumte Stunden im Kerzenlicht gemacht werden: Paraffin und Insektenschwitze. Letzteres wird auch Bienenwachs genannt :-). Ich mag Bienenwachs. Ich wünschte mein Schweiß würde auch so gut riechen :-). Gerne esse ich auch Bienenspucke (Honig). Doch genug von mir.
 Es gibt sie, die "vegane Kerze". Um eine solche herzustellen, führt mich mein Weg in den Wald. Wer nun denkt "Ja klar! Wald = Holz. Das brennt auch", der ist auf dem Holzweg. Ich hole da Binsen und mache daraus Docht.
Eine gewöhnliche Kerze ist das nicht. Am nächsten kommt wohl der Begriff  "Öllampe", obwohl "Lampe" auch nicht so ganz passt - also haben wir hier eine Olivenölkerze mit Naturdocht.

Bastelmaterial für die botanische Naturdochtkerze

  • Binsen, vorzugsweise Flatterbinsen
  • etwas Blumendraht
  • Olivenöl
  • ein Glasröhrchen (z.B. von Vanilleschoten) oder ein anderes Gefäß
  • ein ausgedientes Marmeladenglas
  • Sand, Schneckenhäuser, Muscheln, Nüsse, Erde, Steine, Murmeln oder anderes "Füllmaterial" für das Standgefäß, vorzugsweise nicht brennbares

    Das Schälen der Binsen braucht ein wenig Geschick.
    Das Innere zerfleddert schnell und reißt oft auch viel zu früh auseinander.
    Mit ein wenig Übung habt Ihr aber rasch den Dreh raus.

    Anleitung zum Bau einer veganen Kerze mit Binsen-Docht

    Zunächst müssen die Binsen geschält werden. Am Besten geht das mit den Fingernägeln. Zieht das Stängelgrün vorsichtig, Streifen für Streifen, ab. Die besten Stücke erhält man im unteren Drittel des Flatterbinsenstängels, darüber ist der Stängelinhalt zu "luftig". Liegt das Mark frei, zupft den Strang ein wenig zurecht. Meist sind die Ende ausgefranzt und taugen nicht für den Docht. Dann wickelt Ihr etwas Blumendraht um eine Kugelschreibermine, einen Strohalm oder etwas, das eine ähnliche Dicke hat, wie Euer Naturdocht. So entsteht eine Drahtspirale, die dem Docht gleich Halt geben wird. In die Spirale kommt der Docht und dann wird der Draht vorsichtig soweit auseinandergezogen, bis der ganze Docht in der gewünschten Länge stabilisiert ist. Fertig!
    Ab jetzt sind Eurer Fantasie keine Grenzen gesetzt. Den Docht könnt ihr biegen wie ihr wollt und inein Keramik oder Glasgefäß Eurer Wahl bringen, dass ihr dan mit Öl füllt. Wichtig ist: Ihr solltet den Docht vor dem ersten Anzünden komplett mit Öl tränken, damit er gut vollgesogen ist. Als Öl eignet sich jedes Speiseöl. Im antiken Griechenland nahm man dafür Olivenöl. Das brennt toll :-) riecht aber, wenn man zu viele dieser Kerzen aufstellt, etwas streng.

    Wählt Ihr ein flaches Gefäß für das Öl, brennt die "Kerze" länger, denn der Docht kann etwa bis zu 1 cm aus dem Öl herausgucken, bevor die Adhäsionskraft nicht mehr ausreicht, die Flamme mit Öl  zu versorgen. Da der ölgetränke Docht - anders als bei normalen Kerzen -  nicht mit dem Ölstand herunterbrennt, gibt die Größe der Oberfläche Eures Ölgefäßes die Brenndauer vor. Hä?
    Ein Beispiel:
    1) Die Kerze die Ihr ganz oben seht, habe ich einfach in ein Vanilleröhrchen gesteckt und das Röhrchen mit Olivenöl aufgefüllt (zur Stabilisierung steht das Röhrchen in einem sandgefüllen Marmeladenglas). Das Öl brennt relativ rasch im Glas runter. Nach ca 30 min ist die Kerze aus und der Ölstand im Glas um etwa 1-2 cm gesunken.

    So nicht! Brennbaren Gegenstände wie Zapfen gehören
    NICHT ins Öl.
    2) Im nebenstehenden Bild liegen die Dochte in einem flachen Gefäß mit Öl gefüllt. (Dank des Drahts kann man die Dochtenden gut aufrichten und die sogar doppelseitig anbrennen.  Damit die Doche nicht umfallen, wurde ein zweiter Docht kreuzweise mit dem ersten verbunden. Ein wenig Deko-Material hinein, um den "Drahtsalat" zu verdecken, fertig.) Die Brenndauer hier: 2 Stunden, weil die Oberfläche des Öls im breiten Gefäß nur langsam sinkt.

     

    Sonstiges zur Binsen-Kerze:

    Die Flatter-Binse (Juncus effusus) mit ihren
    langen, runden, glatten Stängeln.
    Da der Naturdocht mit Olivenöl brennt, ist das ein wirkliche Tischdeko mit Unterhaltungswert: Bittet Eure Gäste etwas Salatöl in den Kerzenbehälter zu gießen, bevor diese droht, zu erlischen :-).
    Natürlich lassen sich auch andere Aufbauten wähle und über die Größe der Öloberfläche lässt sich die Brenndauer quasi "einstellen".
    Mehr als 2 Kerzendochte würde ich in einem geschlossenen Raum nicht anbrennen, da man dann doch das verbrannte Öl riecht. Raps- oder Sonnenblumenöl geht aber auch, da ist das mit dem Geruch nicht ganz so schlimm. WErs duftig haben mag, der muss auf Bienenschweiß zurück greifen :-)

    Als letzter und wohl wichtigster Hinweis:
    Auch diese Kerzen nicht unbeaufsichtigt brennen lassen!

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