Donnerstag, 9. Februar 2017

Unguentum populeum aus Pappelknospen

Heilsalbe aus Schwarzpappelknospen

Eine einfache, aber wirkungsvolle Heilsalbe aus Schwarzpappelknospen, Olivenöl und Bienenwachs.

Wenn man aktuell so durch die Landschaft wandelt, dann fallen einem mitunter die vielen abgeschnittenen Äste auf, die die Straßenmeisterreien gerade von den Bäumen holen. Manchmal werden auch ganze Bäume gefällt. Und so stand ich wieder vor so einen gefällten Riesen. Dieses Mal hat es eine Schwarzpappel erwischt. Die Reste des gewaltigen Baumes lagen noch rechts und links des Weges und die dünnen Äste mit den spitzen Knospen wirkten bizarr und wunderschön. So was kann man doch nicht liegen lassen.
Schwarzpappeln sind recht einfach zu erkennen. Sie haben im Vergleich zu anderen Pappel- Arten
eine tief vertikal zerfurchte Borke und sind meist wahre Baumriesen mit "schlanker Gestalt".
Dieses Exemplar stand wohl zu nah an einen Forstweg, vielleicht war das Holz nun auch
"einfach fällig". Pappelholz ist billig, wächst schnell und wird von Bildhauern geliebt.
Also habe ich gleich mal ein Sträußchen voll mitgenommen und bin zu Hause in die Tiefen der Liternei hinabgestiegen, um nachzuforschen, was denn unsere Vorfahren so aus Schwarzpappelknospen hergestellt haben. Dieses Mal bin ich bei Galenos fündig geworden: Unguentum popouleum, ins Deutsche übersetzt würde es wohl Pappel-Salbe heißen. Galenos war  ein antiker griechischer Ärzt, der irgendwann in seinen Leben im Jahre 130 bis ca 215 n Chr. nach Rom zog. Die Ärzte zu dieser Zeit waren ohnehin zu Lehrzwecken ständig auf Wanderschaft und liefen kreuz und quer durch die antike Welt, mit Vorliebe folgte ihre Tour dabei den aktuellen Kriegsschauplätzen und wenn es gerade keinen  Kriegsverletzten zu versorgen gab, dann war irgendwo gewiss eine Olympiade und da gab es ebenso reichlich gebrochene Knochen und zertrümmerte Gesichter. Olympia hatte mit Boxen und Pankreation ja zwei Sportarten die ohnehin eher unter "Gladiatorenspielen" zu verbuchen wären. Aber das ist eine andere Geschichte. Galenos medizinisches Lebenswerk ist die 14. bändige Methodus medendi. Irgendwann hat sich jemand die Mühe gemacht,  diese Wälzer ins Deutsche zu übersetzten und in den unendlichen Weiten des Internets zu vergraben. Gelegentlich muss man für das Lesen solcher Werke "Eintrittsgeld" zahlen, aber im Falle der Unguentum populeum hat sich das mal wieder gelohnt sich Zugang zu einer solchen Datenbank zu verschaffen. Ob ich nun 5 Euro für eine Tube Heilsalbe auf Paraffinbasis in der Apotheke zahle, oder mit fürs gleiche Geld Zugang ins riesige Reich der antiken Medizin verschaffe und mir die Salbe selbst herstelle....Nun. Da muss ich nicht lange überlegen. Auf ins Abenteuer. Für euch mal wieder kostenlos, aber bestimmt nicht umsonst ;).

Überschaubare Zutaten. Die Antike handtierte viel mit
Olivenöl und Bienenwachs. Mehr braucht es für eine Salbe
eigentlich auch nicht - in diesem Fall kommen nur noch
Pappelkonspen hinzu....

Zutaten für die Heilsalbe

  • 1 EL Schwarzpappel-Knospen
  • 50 ml Olivenöl
  • 1/2 - 1 TL Bienenwachs (je nach gewünschter Konsistenz)

Zubereitung von Unguentum populeum

Die Pappelknospen kleinschneiden, in Öl aufkochen, dann vom Herd ziehen und eine
...diese werden kleingeschnitten....
Stunde ruhen lassen. Das Öl filtrieren und die Knospenstücke entsorgen. Das Öl zusammen mit dem Bienenwachs noch einmal erwärmen bis das Wachs geschmolzen ist. In Tiegel füllen und hart werden lassen.
Weicher wird die Salbe mit 1/2 TL Bienenwachs, fester mit 1 TL (etwa 5 g).

Achtung: Unbedingt einen alten Topf nehmen. Wenn die Pappelknospen kochen, bildet sich ein Belag im Topf, der nur schwer zu entfernen ist.

....in Olivenöl ausgelassen...

Ein antikes Rezept der Römer

....abgeseiht und das warme Öl mit Bienenwachs verrührt.
Abfüllen, fest werden lassen und fertig.
Die römischen Soldaten nutzen dieses Salbe auf ihren langen Wanderungen gegen wundgeriebenen Haut und andere Blessuren. Galenos setzte sie generell bei nahezu jeder Wundversorgung ein.  Die Inhaltsstoffe machen sie entzündungshemmend und fördern die Wundheilung, sie wirkt aber auch abschwellend und hautregenerierend. Ich hab mit ihr gute Erfahrungen bei Blasen an den Füßen gemacht. Ein Wundermittel ist sie nicht, aber schaden tut sie auch nicht.

Aus der Küchen-Praxis: 

"Mama, was kochst du da? Das riecht wie Knete!"
Ja, der Geruch der Salbe beim Kochen erinnert eher an das Chemie-Laboratorium einer  Softknete-Fabrik, als an Naturheilkunde :P
Und weils so schön ist hängen wir noch ein Rezept hintendran.

Schwarzpappeltinktur gegen so ziemlich alles

Schwarzpappelknospen-Tinktur aus Knospen und Weinbrand. Herrlich einfach.

Und weil ich noch eine Handvoll Schwarzpappelknospen übrig hatte, setzte ich noch fix eine Tinktur an. Dafür einfach 1 EL Schwarzpappelknospen mit 100 ml Weinbrand übergießen und 1-3 Monate in die Sonne stellen. Täglich schütteln. Nach 3 Monaten die Tinkur filtrieren und nach Bedarf verwenden.

Wozu ist eine Tinktur aus Schwarzpappelknospen gut?

Jetzt noch 3 Monate täglich schütteln und fertig ist die Tinktur.
Die Schwarzpappeltinktur kann Grippesymptome lindern. Dafür in ein Glas Wasser 10-30 Tropfen geben und  schluckweise trinken. Sie wird in der Naturheilkunde aber auch gegen Fieber, Entzündungen, Anspannung, Schlaflosigkeit und Stress eingenommen. Auch kann man sie wie oben beschrieben dosiert als Mundspülung verwenden. Dann hilft sie gegen Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Wer Probleme mit Juckreiz, Verstauchungen, Wunden, Hämorrhoiden oder Verbrennungen hat, kann eine Kompresse mit Pappeltinktur versuchen. 

Wie immer gilt: Dies ist keine medizinische Beratung. Selbstmedikation und das Verwenden von selbst hergestellten Mitteln und Rezepturen obliegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen. Ich übernehme dafür keine Haftung. Bleiben Beschwerden länger als 3 Tage sollte man unbedingt einen Arzt zu Rate ziehen. 
   
Schwarzpappeln sind meist schlanke Baumriesen. Diese
beiden sind jünger als ein Jahrhundert und dennoch
stattlich, denn Pappeln wachsen im Vergleich zu
anderen Laubbäumen rasant. Trotzdem schade, wenn so
einer der Säge zum Opfer fällt.

Infos zur Schwarzpappel und zum Sammeln

Die Schwarzpappel war Baum des Jahres 2006, da ihre Bestände mittlerweile so stark rückläufig sind, dass man sie auf die Rote Liste der gefährdeten Arten gesetzt hat (an der Rückläufigkeit hat sich bis heute auch nichts geändert). Man schätzt, dass es in Deutschland noch rund 3000 solcher Bäume gibt. Daher nicht einfach hergehen, "Eureka eine Schwarzpappel" rufen, Knospen abrupfen und Salbe daraus kochen. Wie geschrieben: Wenn man Äste auf dem Weg findet ist das kein Problem, aber Knospen direkt von den Bäumen zu pflücken, sollte man vermeiden.

"Zu fällen einen schönen Baum, braucht 's eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenk' es, ein Jahrhundert.
Eugen Roth, Der Baum