Mittwoch, 9. Juli 2014

Johanniskrautöl

 Es gehört zu den Klassikern in der Naturheilkunde: das echte Johanniskraut (Hypericum perfloratum). Am bekanntesten ist es in Form des roten Johanniskrautöl, weil es so schön auffällt, wenn es so im Schrank steht. Rotes Öl ist schon etwas besonderes. Eigentlich müsste es Jöhannisblütenöl heißen, aber da sind wir mal nicht so kleinlich.
Was wenige wissen: Johanniskrautöl eignet sich in Maßen auch für die Küche - es ist sozusagen essbare Medizin.

In höheren Lagen und im kühleren Norden des Landes blüht das Johanniskraut jetzt.
Im Oberrheingraben ist die Blüte seid 4 Wochen vorbei.
Solange zieht das Johanniskrautöl bereits.

 Vom Johanniskrautöl, der Sonne und seiner Heilwirkung

Äußerlich angewendet kennen Johanniskrautöl die meisten wohl bei Muskelverspannungen, Prellungen und Verstauchungen. Dafür wird das Öl auf die entsprechende Stelle auftragen und einmassieren. Es steigert die Durchblutung, wirkt schmerzlindernd und hemmt Entzündungen. Der Inhaltsstoff Hyperforin wirkt darüber hinaus auch antibakteriell und antiviral.
Hypericin ist ein weiterer Wirkstoff im echten Johanniskraut. Er ist maßgeblich an der Rotfärbung des Öls beteiligt und erhöht die Lichtempfindlichkeit der Haut. Deshalb hört und ließt man immer wieder die Warnung, dass hellhäutige Personen nach der Anwendung von Johanniskraut vorsichtshalber ein paar Stunden die stechende Sonne meiden sollen. Auch hier ist wieder viel "Panik" im Spiel. Sagen wir so: Im Urlaub am Mittelmeer würde ich mich erst abends mit Johanniskraut einreiben, wenn ich aus Irland käme. In unseren Breiten hat die Sonne kaum genügend Strahlungsintensität, um an mit Johanniskrautöl behandelter Haut Schaden an zu richten. Im Gegenteil: Hypericin sorgt dafür, dass wir schneller braun werden. Übrigens: Im antiken Griechenland wurde Olivenöl als Sonnenschutzmittel verwendet. Es block von Natur aus ca. 20 Prozent der Strahlung ab. Olivenöl und Hypericin sind also eine unschlagbare Kombination für Fans gebräunter Haut. Wer es als "Bräunungsmittel" nutzen will, sollte das Rotöl deshalb mit Olivenöl ansetzten. Wer es aber damit übertrieben hat und sich nach einem zu intensiven Sonnebad mit Johanniskrautöl einreibt, oder Verbrennungen ersten Grades hat und Johanniskrautöl auf die betroffenen Stelle aufträgt, wird schnell Linderung erfahren.
Doch es hilft nicht nur Sonnenanbeter: Von Patienten mit Schuppenflechten ist bekannt, dass die Flechten nach dem Einreiben mit Johanniskrautöl und einen anschließenden Sonnenbad nach ein paar Tagen deutliche Verbesserungen des Hautbildes zeigt. Sogar bei Krampfadern soll das rote Öl helfen, indem man es regelmäßig, auf die Kompressen aufgetragen, anwendet.  Mit Johanniskrautöl getränkte Kompressen werden ebenfalls eingesetzt bei Seitenstechen, Hexenschuss, Ischiasschmerzen, Blasen-, Eierstock-und Gelenkentzündungen und auch bei Gürtelrose. Ein echtes Nervenöl.

Johanniskrautöl innerlich angewendet

Bei so viel äußerern Anwendungsmöglichkeiten geraten viel ins Stutzen: Kann man das Johanniskrautöl denn unbedenklich essen? In Maßen: ja. Und auch über das Essen aufgenommen hat es viele positive Effekte.  Da es sich aber beim Johanniskraut um eine Heilpflanze handelt, würde ich das Öl nicht wie Sonnenblumenöl einsetzen, sondern sehr bewusst immer dann, wenn man seine Heilkraft benötigt. Wer mag schon einen Teelöffel Johanniskrautöl pur schlucken, wenn es ihm ohnehin schon schlecht geht?
Ein Teelöffel oder Esslöffel Johanniskrautöl im Salat oder unter Quark gerührt oder ein paar Tropfen zur mitessbaren Deko auf dem Teller,  kommen bei mir immer dann auf den Tisch, wenn gerade Kopfschmerzen angesagt sind. Johanniskrautöl ist von Natur aus schmerzlindernd und nervenberuhigend . Bei Magenproblemen, Schleimhautreizungen oder Koliken, bei Entzündungen oder Magengeschwüren können ebenfalls über den Tag verteilt bis zu 3 EL Johanniskrautöl ins Essen wandern. Oft reichen aber schon 1-2 Teelöffel.

Wie stellt man Johanniskrautöl her?

Olivenöl und Johanniskrautblüten. Nach 2-3 Wochen nimmt das Öl langsam die typische Rotfärbung an.
In diesem Ansatz habe ich probehalber einige Melissenblätter beigemischt.

Man sammet die erblüten Blüten und die Knospen. Ein Wenig vom Kraut darf auch im Öl landen, also muss man bei Zupfen der Blüten nicht ganz so exakt vorgehen. Die Blüten kommen in ein Bügelglasgefäß und werden mit so viel Olivenöl übergossen, dass sie grade anfangen zu schwimmen. Nun braucht das Glas einen sonnigen Standort. Die nächsten 4 Tage wird das immer mal wieder vorsichtig umrühren, damit Luftblasen und Wasser entweichen können. Dann wird das Glas verschlossen und bleibt 6-8 Wochen in der Sonne stehen. Grade die ersten paar Wochen sind interessant, weil wie von Zauberhand aus dem merkwürdig anmutenden Gebräu, tatsächlich eine blutrote Suppe wird. Kinder finden das immer wieder spannend. Eine schöne Gelegenheit ihnen zu zeigen, wie sich ein Farbstoff aus einer Pflanze, die noch nicht einmal rot ist, förmlich heraussaugen lässt. Apropo Zauberhand.....

Zauberei mit Johanniskrautöl

Wo wir schon mein Thema Kinder sind: Man nehme 1-2 Blütenknospen und zeige sie dem staunenden Publikum, dass sie sich überzeugen mögen, dies ist eine GELBE Blüte. Dann lege man diese Blüte vorsichtig zwischen Daumen und Zeigefinger und spreche in gewichtigem Tonfall eine magische Beschwörungsformel. Während man so vor sich hinbeschwört, zerreibe  man dabei die Blüte zwischen den Fingern. Bevor man das Ergebnis präsentiere, berichte man dem Publikum, dass sie sich selbst überzeugt haben, dass dies eine helle, gelbe Blüte gewesen war und frage, ob irgendwer im Publikum Anzeichen von Blut an der Blüte gesehen hat. Kopfschütteln wird Euch die Antwort sein. Dann, der große Augenblick: "Tata!" präsentiert ihr die zerriebene Blüte - Eure Finger sind blutrot oder von adeligem Purpur.
Anmerkung: In der Natur verstecken sich immer wieder dunkle Farben hinter helleren. Vielleicht fasziniert uns deswegen auch die Herbstfärbung von Blättern, wenn aus saftig grünem Laub binnen einiger Tage blutrote oder quietschgelbe Blätter werden. In den Blättern zerfällt das Chlorophyll und gibt den Blick auf die anderne Farben in den Zellen frei.

Johanniskraut-Tinkturen und Tees gegen Depressionen

In der Naturheilkunde hingegen werde häufiger Tinkturen und Tees verwendet, weil diese vor allem bei Depressionen besser wirken, als das Öl. Wer im Winter häufiger unter dem "Winterbluse" leidet und die Sonne vermisst, der kann 2 TL Kraut (!)  mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und ein paar Minuten ziehen lassen. Aus Erfahrung kann ich sagen: Ja man wird unweigerlich glücklich, sobald die Tasse leer ist, denn der Tee schmeckt furchtbar.

Eine Warnung zum Johanniskraut zum Schluss

Johanniskraut nicht in der Schwangerschaft anwenden oder wenn ein Kinderwunsch besteht. Es fördert die Abstoßung des Embryos.
Auch sollte man - wie bei allen Heilpfanzen - die Dosierung "nicht zu gut" meinen und prinzipiell Heilpfanzen nicht über Wochen oder gar Monate hinweg ohne ärztliche Rücksprache konsumieren, sondern es eher homöopathisch halten und in Intervallen genießen. Also gönnt Eurem Köprer immer mal wieder einige Wochen Pause. Der menschliche Körper gehört einem Gewohnheitstier, und das gewöhnt sich an jede Droge und fordert nur immer noch höhere Dosen. Und bekanntlich macht die Dosis ja das Gift.

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