Dienstag, 10. Juni 2014

Eicheln sind giftig und dennoch kann man sie essen

Im unverarbeiteten Rohzustand ist die Eichel für
uns ungenießbar.
Eine der wohl  interessantesten Feststellungen, die es gibt: Eicheln sind giftig - und dennoch werden  sie gegessen. Wie geht das?
Wieder die Frage, was denn "giftig" überhaupt bedeutet. Die Eicheln enthalten Gerbstoffe und die sind extrem bitter. Schon mal eine rohe Eichel geschält und zerkaut? Da zieht es euch wirklich alles zusammen und man hat das Gefühl zum Schrumpfkopf zu werden. So was isst man nicht freiwillig. Schweine hingegen lieben Eicheln, und zwar pur direkt vom Baum gefallen (in der Tat vergraben sie im Herbst viele Eicheln beim Durchwühlen des Herbstlaubes, damit sie die gekeimten Eicheln im Frühling fressen können, denn nach der Keimung schmecken die Früchte ebenfalls nicht mehr ganz so bitter. Kluge Schweine). Respekt! Allein bei dem Gedanken rohe Eicheln zu essen bekomme ich Brechreiz. Diese Gerbstoffe sind ein Fraßschutz - für uns. Die Eicheln sind fürs Wild gedacht, die sich im Herbst Speck für den Winter anfressen müssen. Natürlich bekommt man, wenn man Eicheln pur isst, Bauchschmerzen, Durchfall und die ganze Liternei von Vergiftungssymptomen. Somit muss man eindeutig sagen: Ja, Eicheln sind giftig. Aber wer würde denn trotz eines so scheußlichen Geschmacks freiwillig eine Eichel runterwürgen und dann gleich noch so viele, dass er eine schwere Vergiftung bekommt?
Doch der Mensch ist einfallsreich! Eicheln enthalten neben den Gerbstoffen auch Stärke, Eiweiß und Fett. Das braucht auch der Mensch, vor allem wenn nichts anderes da ist, um den Bedarf an Nährstoffen zu decken. Die Gerbstoffe der Pflanzen und der Hunger sind so gesehen die treibenden Kräfte für die menschliche Intelligenz in der Evolution, weshalb widerlich schmeckende Inhaltsstoffe von Pflanzen die Menschheit nicht immer davon abgehalten haben, bestimmte Dinge zu konsumieren :-).  Es gibt Möglichkeiten die Gerbstoffe zu entfernen. Die Indianer haben es vorgemacht. Sie hängten einen Korb voller Eicheln einfach 2 Tage in einen Fluss. Und genauso kann man die Gerbstoffe entfernen: Wässern. Ob Ihr die Eicheln dabei kocht, sie vorher anröstet und schält oder sie einfach ins Wasser legt, ist ein wenig von der späteren Verwendung abhängig. Wichtig ist, dass Ihr sie so lange wässert, bis das Wasser, dass Ihr dabei mehrfach wechselt, endlich klar bleibt und sich nicht mehr verfärbt. Dann sind die Gerbstoffe entfernt und die Eicheln sind als "ungiftig" einzustufen.
Ihr findet einige Rezepte wie den "Waldaufstrich aus Eicheln mit Röstzwiebeln" oder den "Eichelkuchen" in meinen eBook Herbstfrüchte. Wer darüber hinaus mal ein Rezept testen möchte:  Oakenshields oder die Kürbis-Eichel-Pizza sind sehr zu empfehlen, in flüssiger Form kann man sich am Muggefug aus Eicheln versuchen. Wer Eicheln lieper pastinös bevorzugt, kann sich an Eichelwurst-Aufstrich herantrauen - mein persönlicher Favorit. Sicher werde ich hier im Laufe der Zeit weitere Rezepte veröffentlichen. Viel Spaß beim Schmökern.

9 Kommentare:

  1. das ist so unglaublich interessant. Der hammer! Vielen Dank dafür- werde morgen meinen Waldkindergartenkindern berichten :)

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  2. ...auch interessant: https://www.kochwiki.org/wiki/Eichelbrot

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  3. Sehr interessant! Das werde ich mal probieren.

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  4. vielen Dank für die schöne geschriebenen Information

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  5. Wir hatten erst vor ein paar Tagen das Thema, ob Eicheln essbar sind...ich hatte auch schon mal eine probiert.

    Auf meiner Suche, ob Eicheln essbar sind, bin ich dann auf dieser Seite gelandet.
    Sehr interessant und informativ geschrieben

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  6. Kann man alle Sorten verarbeiten? Ich kenne längliche und runde Eicheln.

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    1. Hallo Martina,
      Eine Aussage wie „alles ovale ist essbar“ mache ich ungern, das ist etwa so, als würde ich schreiben „alle Pilze mit Schwammgewebe unter dem Hut kann man essen“... da würde sich jedem Pilzkundigen der Magen umdrehen. Ich hoffe du versteht das. Bevor ich irgendwas essen, bestimmte ich die Pflanzen. Wilde Gewächse würde ich nie essen, ohne das ich mir nicht 100% sicher bin, was das ist und wie es heißt. Gerade, weil mittlerweile auch recht viel ausländische Flora zu finden ist.
      Die Eicheln, die ich verwende, sind die häufigen heimischen Stil- und Traubeneicheln. Das liegt schlicht daran, dass diese sich deutlich besser schälen lassen, als die runden Rot- und Sumpfeicheln, die man ebenfalls ab und an findet. Auch die kann man essen, sind aber eigentlich amerikanische Bäume. Da sie sich aber nur schwer von der Schale lösen, macht die Verarbeitung allerdings keinen Spaß. Daher lasse ich das.
      Es gibt weltweit rund 600 Eichen-Arten. Von unseren einheimischen "typischen Waldvertretern" ist mir bislang keine untergekommen, die Probleme bereitet hätte, nach dem richtigen Wässern. Bei den ausländischen Eicheln bin ich mir nicht ganz sicher. Daher: Nutze die kommende Vegetationsperiode und schau dir deine Eichen-Bäume erst einmal genauer an und versuche sie zu bestimmen. Das bringt ja auch Freude. Wenn es z.B. eine Roteiche ist, würde ich testweise im Herbst versuchen erst einmal eine handvoll zu verarbeiten. Dann wirst du schnell merken, ob das Sinn stiftet, davon mehr zu sammeln.
      Liebe Grüße Sindy

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